Alles hat seine Zeit, seinen Rhythmus

Auch wenn der moderne Mensch glaubt, Tag und Nacht durch künstliches Licht und das Negieren von Ruhephasen austricksen zu können oder er den Rhythmus der Natur ignoriert, so geht das auf Dauer auf Kosten der Gesundheit. Der kluge und gesundheitsbewusste Mensch verbindet sich mit seiner inneren Uhr und den natürlichen Zeitrhythmen. So stärkt er seine Selbstheilungskräfte, bleibt gelassen und leistungsfähig.

Der Schlüssel der Gesundheitsvorsorge liegt im richtigen Wechsel zwischen Aktivität und Ruhe. Maximilian Moser, Chronobiologe und Professor an der Medizinischen Universität Graz schreibt in seinem Buch „Vom richtigen Umgang mit der Zeit“ (Allegria, 2017), dass der Körper, ja die gesamte Natur, ihren eigenen Rhythmus hat – und den können wir nicht überlisten. Natürliche Rhythmusgeber wie Sonnenlicht, Nahrung und Schlaf sind maßgeblich für unser Wohlbefinden. Im Alltag kommen wir oftmals aus dem Takt. Jede menschliche Zelle besitzt eigene innere Uhren, die durch die Anforderungen und den beschleunigten Alltag des modernen Lebens immer häufiger falsch gehen. Gerät der Organismus über längere Zeit aus dem Takt, meint Moser, dass die Organe nicht mehr miteinander sprechen und auch nichts mehr voneinander hören. Das macht krank. Ein Körper, der im Takt und natürlichen Rhythmus schwingt, reguliert sich viel besser und die Selbstheilung ist aktiv. Regelmäßigkeit ist das Gebot der Stunde. Wer sein Leben wieder natürlicher gestaltet, und auf die Bedürfnisse des Körpers hört, wird besser schlafen, spart Kraft und bekommt Energie, kurzum er lebt ein persönliches Anti-Aging-Programm.

Herz schwingt sich im Tiefschlaf auf die Atmung ein

Nicht nur unsere Atmung unterliegt einem Rhythmus, auch unsere Gene werden zu unterschiedlichen Tageszeiten aktiv. Durchblutung und Körpertemperatur ändern sich nach festgelegten Körperrhythmen. So wird unser Herzschlag nachts und im Winter etwas langsamer – im Sommer und tagsüber beschleunigt er sich. Im Tiefschlaf schwingt der Herzschlag mit der Atmung und stellt sich auf vier Schläge pro Atemzug ein. Wir sollten aufhören in unsere Stunden noch mehr an Tun und Wollen hineinzupacken, sondern unsere Zeit angenehm gestalten. Dazu braucht es eine Basis und die gibt uns Mutter Natur mit Tages-, Wochen- und Jahresrhythmen vor.  

Am Vormittag am leistungsstärksten

Am frühen Morgen schüttet unser Körper das Hormon Cortisol aus, das den Körper fit für den Tag macht, Herzfrequenz und Körpertemperatur steigen an. Am Vormittagsind wir am leistungsstärksten, sofern wir uns nicht chronisch erschöpft fühlen. Es ist erwiesen, dass wir unsere Aufmerksamkeit und Konzentration maximal eineinhalb bis zwei Stunden auf eine Sache richten können. Daher gilt es etwa nach 90 Minuten eine Pause von etwa 15 Minuten zu machen. Der Nachmittag eignet sich für produktive und kreative Arbeiten.

Essen und Schlaf als Taktgeber

Schlaf-Wachzeiten und Mahlzeiten sind bedeutende Taktgeber für den Körper. Das Essen sollte regelmäßig alle vier bis sechs Stunden eingenommen werden. Ein leichtes Abendessen zwischen 17 und 19 Uhr gibt dem Organismus die Chance das Essen zu verdauen, sodass ungestörter Schlaf möglich ist.

Raus in die Natur

Das Tageslicht kurbelt die Produktion des Glückshormons Melatonin an. Das macht uns lebenslustiger und wach. Abends wird das Serotonin in der Zirbeldrüse zum Schlafhormon Melatonin umgewandelt, das uns erholsame Nachtruhe finden lässt. Daher sollten wir danach trachten einen hohen Serotoninspiegel zu haben. Die Tageslichtlampen, die Menschen mit der saisonal abhängiger Depression oder einem Herbstblues empfohlen werden, helfen, mehr Serotonin zu produzieren.

Blaues Licht stört den Schlaf

Blaues Licht von Bildschirmen hemmt die Produktion des Schlafhormons Melatonin. Mindestens zwei Stunden vor dem Zu-Bett-Gehen nicht mehr vor dem PC sitzen und immer aufs Handy starren. Es gibt Möglichkeiten (spezielle Programme, die man installieren kann) den Blaulichtanteil des Computers zu begrenzen und auch Handys haben mittlerweile Blaufilter oder einen „Night-Shift“ Modus. Im Schlaf repariert der Körper kleine DNA-Schäden, so kann ausreichender und erholsamer Schlaf sogar das Krebsrisiko senken. Rund siebeneinhalb Stunden Schlaf werden im Schnitt mit der höchsten Lebenserwartung verbunden.  

Frühjahr-Sommer-Herbst-Winter

Für spezielle Wünsche, wie etwa das Abnehmen oder längere Urlaube gibt das Jahr den Rhythmus vor. Alles hat seine Zeit: im Frühjahr soll man Entschlacken und Abnehmen, im Sommer ist Urlaubszeit (mindestens drei Wochen am Stück), der Herbst hilft uns loszulassen, was wir nicht mehr brauchen und gleichzeitig ist es Zeit zu ernten, was wir gesät haben. Im Winter ziehen sich nicht nur Tiere zur Ruhe zurück, sondern sollten auch wir Menschen innere Einkehr betreiben, Resümee ziehen und Kraft für Neuorientierung sammeln. Professor Moser meint, dass der Ablauf des Jahres mit dem des Tages zu vergleichen sei: Der Winter entspricht der Nacht, der Frühling dem Morgen, der Hochsommer der Zeit der Mittagsruhe, der Herbst entspricht dem Nachmittag.  

Sich von der Technik entkoppeln

Wer seine Zeit bewusst und gesund gestalten will, dem gibt Prof. Moser, Leiter des Instituts für Gesundheitstechnologie und Präventionsforschung, einige Tipps:

  • Sich regelmäßig sich von der Technik entkoppeln. Technik sorgt immer für Beschleunigung, ob in der Produktion, der Mobilität oder Kommunikation. Ein Sonntag ohne Handy, Tablet und PC schafft Zeit für Familie, Freunde, Hobbies etc.        
  • Das Wochenende inhaltlich anders gestalten als die Wochentage, aber den Takt von Mahlzeiten, Schlaf- und Wachzeiten beibehalten. Sich am Sonntag Zeit nehmen für Partner, Familie, Freunde und sich selber. Wandern, Radeln, ein Buch lesen etc. und keinen Blick in die E-Mails werfen.       
  • Feste wie Weihnachten, Ostern oder die Sonnwenden im ursprünglichen Sinne feiern. Sie charakterisieren die jeweilige Jahreszeit und -qualität.       
  • Täglich hinaus in die Natur, ob in den Garten oder zum Spazieren, um sich mit dem Rhythmus der Natur zu verbinden.      
  • Sich regelmäßig Zeit für die Menschen nehmen, die einem wertvoll sind.
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