Wenn ein Kind vergeblich auf das Sandmännchen wartet oder schlafwandelt

„Schlaf, Kindlein schlaf…“ – Leider reicht bei vielen Kindern ein Wiegenlied zum sanften Entschlummern nicht aus. Etwa 20 Prozent aller Kinder im Schulalter geben Schlafprobleme an. Ein- und Durchschlafstörungen ohne organische Ursache, Albträume und Schlafwandeln sowie der Nachtschreck (Pavor nocturnus) sind die häufigsten Probleme.

Welche Eltern kennen das nicht? Sobald die Schlafenszeit anbricht, wird so manches Kind putzmunter. Ganz wichtig als Schlafvorbereitung sind Tagesabschluss-Rituale, kein Fernsehen oder Computerspielen mehr direkt vor dem Schlafengehen.

Die meisten Neugeborenen schlafen fast den ganzen Tag und werden nur zum Essen und Wickeln munter. Im Lauf der ersten Monate gewöhnen sie sich an den Unterschied von Tag und Nacht und verlagern den Schlaf mehr und mehr auf die Nacht. Bis etwa zum ersten Geburtstag schlafen Babys dann meistens noch zweimal am Tag, danach stellen viele auf einen Tagesschlaf, den Mittagsschlaf, um. Schlafen ist etwas Individuelles, dennoch gibt es gewisse Richtlinien, wobei eine Abweichung von bis zu zwei Stunden zu tolerieren ist:

  • 0 bis 3 Monate: 16-19 Stunden    
  • 4 bis 5 Monate: 14-15 Stunden     
  • 6 bis 12 Monate: 13 Stunden     
  • 1 bis 4 Jahre: 12 Stunden     
  • 5 bis 6 Jahre: 11,5 Stunden      
  • 7 bis 9 Jahre: 11 Stunden   
  • 10 bis 11 Jahre: 10,5 Stunden     
  • 12 bis 13 Jahre: 10 Stunden      
  • 14 bis 16 Jahre: 9 Stunden

Schlafwandler nicht aufwecken  

Die meisten Schlafprobleme von Schulkindern sind nicht organisch bedingt und vorübergehend. Schlafen Kinder schlecht, sind sie untertags müde oder oft auch hyperaktiv, haben wenig Appetit, sind unkonzentriert und leistungsschwächer. Oft bemerken die Eltern nichts von Ein- oder Durchschlafstörungen. Zum  Arzt sollen sie mit dem Kind gehen, wenn sich das Schlaf- und/oder Essverhalten plötzlich verändern, wenn die Schulleistungen nachlassen, das Verhalten auffällig wird oder etwa ein Säugling in der Entwicklung zurückbleibt. Man soll ein schlafwandelndes Kind oder eines, das nächstens um sich schlägt, aufschreckt und panisch aufschreit (= Nachtschreck) aufwecken. Natürlich dafür sorgen, dass das schlafwandelnde Kind sich nicht verletzen kann, also Fenster und Treppen absichern. In der Früh kann sich weder ein Kind an das Schlafwandeln noch an den Nachtschreck (Pavor nocturnus) erinnern. Das Schlafwandeln (Somnambulismus) verliert sich meist in der Pubertät wieder. Leidet ein Kind unter dem Nachtschreck, beruhigt es sich meist nach wenigen Minuten schlagartig und schläft wieder ruhig weiter. Am Morgen kann es sich an nichts erinnern. So ein Angsterschrecken ist bei Kleinkindern bis zum Schulalter nichts Ungewöhnliches und Beängstigendes.

Grund ist ein unvollständiges Aufwachen meist aus dem leichten Tiefschlaf. Das führt zu einem Verwirrtheitszustand, aus dem man  das Kind keineswegs aufwecken sollte. Manches Kind hat diesen Zustand nur ein Mal, ein anderes eine Zeit lang öfter. In der Regel verschwinden die Nachtschreck-Attacken von selbst wieder, wenn die Reifung des Gehirns voranschreitet und das Kind nicht mehr zwischen Tiefschlaf und Wachsein „hängen bleiben“ kann. Eltern sollen den aufgeschreckten Nachwuchs nur beobachten, sodass er sich nicht verletzen kann. Beruhigende Einschlafrituale einführen, denn aufgedrehte und übermüdete Kinder sind anfälliger für diese Attacken.  

An Albträume erinnern sich die Kleinen meist schon. Sie passieren im Leichtschlaf und können mit Belastungen des Tages zu tun haben. Kinder reagieren allgemein sensibel auf Streit, aber auch ein Horrorfilm im Fernsehen, Leistungsdruck, Versagens- oder Trennungsangst kann den Kleinen zusetzen, sodass sie sich im Bett schlaflos hin- und herwälzen. Kleinkinder tun sich oft schwer zwischen Realität und Phantasie zu unterscheiden. „Lassen Sie das Kind die Albträume erzählen, reagieren sie verständnisvoll auf seine Ängste“, sagt Oberarzt Rudolf Schwarz, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde des Med Campus IV der Kepler Universitätsklinik Linz. 

Rituale und Zuwendung geben Sicherheit  

Der Arzt rät Schlafprobleme ernst zu nehmen und sie von der Seite eines geregelten Tagesablaufes her anzugehen: „Nur in Spezialfällen verschreibt ein Arzt für einige Tage ein Schlafmittel. Viel besser ist ein warmer Kakao oder Milch mit Honig als Schlaftrunk.“ Bei Kleinkindern wirken Gute-Nacht-Rituale wie das Vorlesen einer Geschichte oft Wunder. Auch eine fixe – nicht aufregende – Spielstunde mit den Eltern vor dem Zu-Bett-Gehen tut dem Wohlbefinden sowie der Bindung gut. Durch die Zuwendung fühlt sich das Kind geborgen, sicher und geliebt. „Hat das Kind Angst vor der Dunkelheit kann man die Tür einen Spalt offen lassen oder ein Nachtlicht installieren. Im Kindergartenalter sollte das Kind spätestens fähig sein alleine einzuschlafen“, sagt der Arzt. Einschlafen bedeutet sich von den Eltern trennen zu müssen.

Hat das Kind gelernt, sich für gewisse Zeitabschnitte am Tag zum Beispiel von der Mama zu trennen, fällt es ihm auch am Abend leichter, sich angstfrei zu lösen. Entspannungsübungen sind meist bei Einschlafstörungen hilfreich. Übertriebene Fürsorge, dass man etwa Nacht für Nacht beim Kleinkind im Bett liegen bleibt, bis es eingeschlafen ist, trägt nicht zur Selbstständigkeit in puncto Einschlafen bei. Vielmehr werden dadurch öfter Einschlafprobleme gefördert, nämlich dann, wenn Mama oder Papa plötzlich beschließen, nun sei das Kind alt genug alleine einzuschlafen. Wichtig ist, Erkrankungen wie eine Depression, die Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung ADHS, Zwangs- oder Angststörungen, Essstörungen, die Schlafstörungen nach sich ziehen, nicht zu übersehen und sich professionelle Hilfe zu suchen.

Praktische Tipps  

Die Schlafenszeit entsprechend dem Schlafbedürfnis des Kindes unter Einhaltung regelmäßiger Zu-Bett-Geh- und Aufsteh-Zeiten festlegen.     

  • Die Zeit, die das Kind während des Tages schläft von der Nachtschlafzeit abziehen.      
  • Den Tag ruhig ausklingen lassen, am besten mit einem Abendritual, das an das Alter angepasst wird: Schlaflied, Gute-Nacht-Geschichte, wohltuende Rückenmassage etc. Vor allem Kleinkinder genießen ein entspannendes Wiegen, Streicheln oder Massieren.
  • Kuscheltiere, Schnuffel-oder Schmusetücher sind für manche Kinder eine gute Einschlafhilfe.      
  • Zuwendung zeigen: Auch wenn es Stress oder Ärger tagsüber mit dem Kind gab, den Tag harmonisch und versöhnt abschließen.     
  • Das Abendessen nicht direkt vor dem Schlafengehen einnehmen. Mindestens eine Stunde Differenz zum Zubettgehen.      
  • Am Tag für ausreichend Bewegung an der frischen Luft sorgen. Zwei Stunden vor dem Schlafen aber kein Sport oder Umhertollen mehr.  
  • Geregelter Tagesablauf    
  • Das Bett ist zum Schlafen nicht zum Fernsehen, Computerspielen oder Telefonieren da.
Kostenloses Abo der human, dem Gesundheitsmagazin für Oberösterreich bestellen: Email mit Name und Adresse an human@aekooe.at