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Lipödem: Krankhaft dick

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Dr. Helmut Kehrer

Lipödem bedeutet wörtlich übersetzt Fettschwellung. Bei dem Reiterhosensyndrom, wie die Erkrankung noch genannt wird, liegt eine Störung der Fetteinlagerung im Körper vor, die fast nur bei Frauen auftritt. Zwar kann man den Fortschritt der Störung durch Sport und Diät verlangsamen, die Ursache liegt aber woanders.

Typisch für ein Lipödem sind Fetteinlagerungen an Armen und Beinen, hier vor allem an den seitlichen Oberschenkel, darum auch die namensgebende Bezeichnung „Reiterhosen“. Betroffene leiden besonders unter der Erkrankung, da es in den Fetteinlagerungen auch zu Wassereinlagerungen kommt. Dies führt meist zu schwammigen Schwellungen, Spannungsgefühlen und Druckschmerz. Das Lipödem tritt meist nach der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren auf. In einigen Fällen ist es aber auch die Folge von starken Stresssituationen.

Die Einlagerungen sind dabei auch symmetrisch verteilt, also an beiden Oberarmen, Unterarmen, Ober- und Unterschenkeln. Dabei grenzt sich der Fettanteil klar gegenüber den gesunden Regionen mit normalen Körperfett ab und zeichnet sich durch eine wulstartige Ausstülpung aus. Sind nur die Arme betroffen, so weitet sich in der Regel die Erkrankung auch auf die Beine aus.

Sind bereits Arme und Beine voll betroffen, kann sich das Fett auch im Schulter- bzw. Nackenbereich anlagern. Auch an den Knien und Fußgelenken kommt es zu Einlagerungen, die bei Reibung zu Hautschäden führen können.

Ursache nach wie vor unklar

Noch immer ist nicht klar, was genau der Auslöser der Fetteinlagerungsstörung ist, da die Störung in unspezifischen Situationen auftritt. Oftmals werden genetische und physiologische Faktoren diskutiert, fest steht jedoch, dass die Störung nicht ernährungsbedingt ist. Dennoch kann eine kalorienreduzierte Diät allerdings die Geschwindigkeit der Gewichtszunahme drosseln.

Gene verantwortlich?

Neben hormonellen Schwankungen ergibt sich zusätzlich ein Zusammenhang mit erblichen Faktoren. Denn oftmals tritt das Lipödem innerhalb einer Familie häufiger auf. Die Gene veranlassen die Fettzellen dazu, sich an bestimmten Körperstellen zu vermehren und dort an Größe – anders als normale Fettzellen – stark  zuzunehmen. Nebenbei werden auch die Gefäße durchlässiger, was die Wassereinlagerungen in den Extremitäten begünstigt und Einblutungen in den Zellzwischenräumen verursacht. In weiterer Folge kommt es durch den höheren Druck im Gewebe zu schmerzhaften Entzündungen.

Starke Einschränkung durch das Lipödem

Dadurch, dass die Fetteinlagerung auf die Extremitäten beschränkt ist, ist die Bewegung der Arme bei Betroffenen wesentlich stärker eingeschränkt, als bei Adipositaspatienten, da sich hier das gesamte Volumen vergrößert. So erkennt man die krankhaften Fetteinlagerungen. Bei folgenden Symptomen liegt ein Lipödem vor:

-Die unklare Gewichtszunahme liegt in der Pubertät, nach einer Schwangerschaft oder am Anfang der Menopause

-Fetteinlagerungen sind auf Extremitäten beschränkt

-an betroffenen Stellen bilden sich Wülste

-Auslassungen: Hände und Füße bleiben schlank

-Wassereinlagerungen und damit verbundenes Spannungsgefühl

-Schmerzen: die geschwollenen Partien

-durch die erhöhte Durchlässigkeit der Wände können auch Blutbestandteile in das Gewebe übertreten, daher kommt es vermehrt zu Einblutungen

-Stemmer Zeichen ist negativ: Der Arzt versucht dabei über die Hautfalte über der zweiten und dritten Zehe anzuheben – lässt sich die Haut anheben liegt ein Lipödem vor.

Diagnosestellung durch Beobachten

Meist ist der erste Schritt der Diagnostik eine Diät – hier sollte man seine Körpermaße genauestens dokumentieren: vor allem das Gewicht und der Umfang der Arme bzw. Beine sollte beobachtet werden. Verliert man Gewicht, aber bleiben Arme und Beine unverändert handelt es sich meist um ein Lipödem. Bei Verdacht über das Vorliegen der Fetteinlagerungsstörung können auch Differenzialdiagnose zum Ausschluss weiterer Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen herangezogen werden.

Die Therapie: Bewegung, Ernährung und Fettabsaugung

Die Therapie bei einem Lipödem verfolgt meist zwei Ziele: einerseits sollen die Beschwerden gebessert werden, andererseits sollen Folgeerkrankungen aufgrund von Ödemen oder Übergewicht verhindert werden. Eine Therapie, die die Ursache des Lipödem heilt, gibt es bisher nicht. Es können jedoch die Beschwerden gelindert werden: mit der kombinierten physikalischen Entstauungstherapie (KPE) werden Mithilfe von manueller Lymphdrainage, einer Kompressonstherapie, Bewegungstherapie oder Hautpflege die Ödeme verringert. Diese KPE lindert auch Schmerzen, verhindert Hämatome und schützt das Gewebe.

Mittels Fettabsaugung kann man den Verlauf der Fetteinlagerungsstörung. Ist es durch das eingelagerte Fett zu Hautfalten und Scheuerstellen gekommen, kann durch einen plastisch-chirurgischen Eingriff diese wieder behoben werden.

Dem Lipödem vorbeugen

Medizinisch gesehen die beste Lösung ist eine Fettabsaugung, da das entfernte Lipödem dann vollständig entfernt wird und meist an der abgesaugten Stelle kein Lipödem sich neu bildet. Ganz ausschließen kann man das jedoch nicht. Nebenbei hilft auch eine gesunde Ernährung sowie Bewegung dem Lipödem entgegen zu wirken.

Dr. Helmut Kehrer ist Oberarzt an der Abteilung Dermatologie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern Elisabethinen und Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten.

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