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Hörstörungen individuell behandeln, um sozialer Isolation vorzubeugen

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Primar Dr. Thomas Keintzel

Hörstörungen gehören zu den häufigsten sensorischen Defiziten des Menschen. Schwerhörigkeit kann in die Isolation führen. Die Störungen können das Außen-, Mittel- und Innenohr betreffen. Durch die Erweiterung der Diagnosetools in den letzten Jahren ist es gelungen, die Orte der Schädigung sehr genau zu differenzieren. Vor allem für Kinder ist der Zeitpunkt der Diagnosestellung von entscheidender Bedeutung, um ihnen eine optimale Hörsprachentwicklung zu ermöglichen. Der Freizeitlärm hat sich in den letzten zwanzig Jahren verdreifacht, während die Lärmbelastung am Arbeitsplatz abnimmt. Die technische Weiterentwicklung sowohl konventioneller Hörhilfen als auch von elektronischen Hörimplantaten haben für Patienten neue Versorgungsindikationen eröffnet, die vor einigen Jahren noch nicht entsprechend therapierbar gewesen sind. Hören ist ein Prozess aus Wahrnehmung und zentraler Hörverarbeitung, die im Alter abnimmt. Das Sprachverstehen ist eine Hirnleistung und das Ohr ist der Vermittler. Bei der sogenannten Altersschwerhörigkeit spielen neben dem Alterungsprozess auch Stoffwechselstörungen und genetische Faktoren eine Rolle. Zu den technischen Hörhilfen gehören heute etwa Hinter-dem-Ohr-Geräte, Im-Ohr-Geräte und Hörbrillen. Ist die Versorgung mit diesen Geräten nicht effektiv durchführbar, gibt es implantierbare Hörgeräte. Je nach Ursache setzt man Mittelohr-, Innenohr-, Knochenleitungs- und Hirnstammimplantate ein. Cochlea Implantate, auch Kunstohr genannt, sind zum Beispiel bei Taubheit und hochgradiger Innenohrschwerhörigkeit indiziert. Um für einen Patienten ein optimales Behandlungsergebnis zu erzielen ist die Betreuung durch ein interdisziplinäres Team aus HNO-Arzt, Logopädin, Audiotherapeuten, Hörakustiker, Psychologen, Kinderärzten, Implanttechniker, etc. mittlerweile Standard. Technik alleine macht aber das Hören nicht wieder möglich, es braucht den Lernprozess eines logopädischen kognitiven Hörtrainings mit Geräuscherkennung, Wortverstehen und Kommunikationstraining. Bleibt eine Schwerhörigkeit unbehandelt, kann das zu Depression und sozialem Rückzug führen. Hochgradig Schwerhörige haben ein fünffach erhöhtes Risiko für eine Demenzerkrankung.  

Primar Dr. Thomas Keintzel ist Leiter der Abteilung für Hals-, Nasen- und Ohrenerkrankungen im Klinikum Wels-Grieskirchen    

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