Macht Fernsehen dick, dumm und gewalttätig?

Zu viel Fernsehkonsum tut Kindern nicht gut. Wie kann es gelingen, Kindern einen gesunden und in der Folge eigenverantwortlichen Umgang mit dem Medium Fernsehen zu vermitteln? Tipps dazu gibt Dr. Martin Pachinger, Leiter des Kinderhilfswerks in Linz. Diese sind auch Anregungen für den Umgang mit dem Computer: In die Richtwerte für die Fernsehzeit sollte man jene, welche die Kinder vor dem PC verbringen, einrechnen.

Medienerziehung als Grundlage

Medienerziehung und insbesondere die Vermittlung des Umgangs mit dem Fernseher beginnt bereits im Kleinkindalter und setzt sich in allen weiteren Altersstufen fort. „Bei jüngeren Kindern ist es sinnvoll, wenn die Eltern gemeinsam mit den Kindern das Fernsehprogramm auswählen und diese Sendungen auch gemeinsam schauen“, sagt Martin Pachinger, Psychologe und Leiter des Kinderhilfswerks in Linz. Es geht darum, einen sinnvollen Umgang mit dem Medium Fernsehen zu vermitteln. „Es ist problematisch, wenn Eltern ihre Kinder vor dem Fernseher parken, um sie ruhig zu stellen“, führt der Psychologe weiter an. Vom eigenen Fernseher im Kinderzimmer ist völlig abzuraten. „Eltern haben so keine Möglichkeit mehr, die gesehenen Inhalte zu kontrollieren, außerdem nimmt dadurch die Fernsehzeit automatisch zu“, erklärt Pachinger. Wesentlich ist, dass die Eltern über die Inhalte des Fernsehens Bescheid wissen und darauf achten, dass diese altersadäquat sind. Das gemeinsame Fernsehen und Besprechen des Gesehenen ist ebenso ein zentrales Element in der Medienerziehung. Auch die Reaktionen des Kindes auf das Gesehene sollten die Eltern im Auge haben. „Es ist wichtig darauf zu achten, ob sich das Kind fürchtet, es sich langweilt oder Zusammenhänge nicht versteht. Problematisch ist nach wie vor, dass schon am Nachmittag Gewaltszenen gezeigt werden, welche Kinder emotional überfordern. Hier sind die Eltern aufgefordert dies klar und strikt zu unterbinden“, meint Martin Pachinger.

Eltern als Vorbilder

Ob ein Kind lernt, verantwortungsbewusst mit Film und Fernsehen umzugehen, ist maßgeblich vom elterlichen Vorbild abhängig. „Kinder beobachten das Fernsehverhalten ihrer Eltern sehr genau und orientieren sich in der Folge daran“, erläutert der Psychologe. Eltern sollten daher ihr eigenes Fernsehverhalten hinterfragen und sich bewusst sein, dass ihr eigenes Verhalten große Auswirkungen auf das Verhalten der Kinder hat. „In vielen Familien läuft der Fernseher den ganzen Tag Als eine Art Hintergrundmusik. Diese Dauerberieselung sollte auf jeden Fall vermieden werden“, rät Pachinger.

Dauer des Fernsehkonsums

Kinder bis zum dritten Lebensjahr sollten überhaupt nicht fernsehen. Der Motor der Entwicklung von kleinen Kindern ist ihre mit allen Sinnen erfolgende Weltaneignung durch Sehen, Hören, Tasten, Begreifen, Schmecken und Ausprobieren sowie die Kommunikation mit Bezugspersonen. Diese Entwicklungsimpulse kann Fernsehen kleinen Kindern nicht ansatzweise bieten.

Kinder können ab dem dritten und vierten Lebensjahr behutsam an Film und Fernsehen herangeführt werden. Während der Vorschulzeit (drei bis sechs Jahre) sollte der Fernsehkonsum eine halbe Stunde pro Tag nicht übersteigen. Für die Sechs- bis Neunjährigen sind ca. fünf Stunden pro Woche ausreichend. Je älter die Kinder werden, umso mehr sollen sie selbst die Verantwortung für ihren Fernsehkonsum übernehmen. „Es bewährt sich ca. ab dem zehnten Lebensjahr ein Wochenbudget an Stunden zu vereinbaren. Dieses sollte acht bis neun Stunden nicht überschreiten. Dieses Wochenbudget unterstützt Kinder dieses Alters zu lernen, wie sie sich ihre Zeiten für das Fernsehen einteilen“, beschreibt Pachinger. Der Konsum anderer Medien wie das Internet gehört in diese Zeiten eingerechnet. Hinsichtlich der Tageszeit ist darauf zu achten, dass Kinder nicht unmittelbar vor dem Schlafengehen fernsehen. Eine ungünstige Zeit ist auch unmittelbar nach der Schule bzw. nach der Hausübung. Im Rahmen der Hirnforschung wurde in zahlreichen Studien belegt, dass die Konsolidierung, also der Übergang des gelernten aus dem Kurzzeitgedächtnis in das Langzeitgedächtnis, durch das Fernsehen gestört wird.

Klare Regeln einhalten

Eltern sind gefordert mit ihren Kindern klare Vereinbarungen über die Zeiten und Inhalte bezüglich des Fernsehkonsums zu treffen. Es genügt jedoch nicht die Regeln bloß aufzustellen – vielmehr bedarf es auch der Kontrolle und wenn nötig das Einschreiten, wenn diese Regelungen nicht eingehalten werden. Eine Möglichkeit wäre es mit den Kindern das Fernsehprogramm gemeinsam auszuwählen und je nach Alter die Dauer und die Sendungen festzulegen. Je klarer die Vereinbarungen und Regelungen sind und je konsequenter diese von den Eltern eingefordert werden, umso leichter wird es Kindern fallen einen verantwortungsbewussten Umgang mit Medien zu erlernen.

Alternativen zum Fernsehen

Einen wichtigen Punkt stellt das Verhältnis aus Fernsehzeiten zu anderen Aktivitäten dar. Kinder benötigen reale Erfahrungen mit ihrer Umwelt, um sich körperlich, emotional und sozial gut entwickeln zu können. Ob der gemeinsame Spaziergang, das gemeinsame Zubereiten des Abendessens, ins Schwimmbad fahren, Freundinnen und Freunde einladen – die Möglichkeiten für Alternativen sind nahezu grenzenlos.

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