Gemeinsam auf die Schule freuen

Rot markiert steht es im Kalender geschrieben: Schulbeginn. Vielen Kindern und Jugendlichen macht dieser Tag Angst, denn der Druck von den Lehrern, Mitschülern und Eltern ist oft enorm. Dr. Bettina Matschnig, Fachgruppenvertreterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Ärztekammer für OÖ gibt Tipps, wie sie entspannt in das neue Schuljahr starten können.

Jedes zehnte Kind im Altern von acht Jahren leidet an einer Angsterkrankung. „Kinder mit Angsterkrankungen fürchten sich vor Peinlichkeit und Bloßstellung. Erklärungen und Beruhigungsversuche von Eltern und Lehrerin sind da wenig hilfreich“, sagt Dr. Bettina Matschnig, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Wels. Die Kinder beginnen bereits einen Abend davor, sich zu fürchten, was am nächsten Tag in der Schule passieren wird und oftmals schwänzen sie deshalb auch die Schule. „Wenn sie doch in die Schule gehen, sollten folgende Symptomen Warnsignale sein: Herzklopfen, Herzrasen, Atembeschwerden, Beklemmungsgefühle, Brustschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, aber auch Schweißausbrüche, Zittern und Kopfschmerzen.“

Schulangst, Schulphobie, Schulschwänzen

Es sollte zwischen drei Verhaltensformen unterschieden werden: Schulangst, Schulphobie und Schulschwänzen. Die Schulangst betrifft oft Kinder mit Lernschwächen, die in der Schule überfordert sind. „Hier sollte man sich die Frage stellen, ob die Kinder sich in der richtigen Schule und Schulform befinden und welche Unterstützungen sie beim Lernen brauchen“, sagt Dr. Matschnig.

Bei der Schulphobie hingegen ist das Problem der Lebensraum Schule. Dr. Matschnig erklärt: „Probleme, die ihre Ursache in der Familie haben, werden auf den Lebensraum Schule projiziert. Die Kinder sind oft sehr auf ihre Eltern fixiert, machen zuhause aber brav ihre Hausaufgaben. Typischerweise entwickeln Kinder mit Trennungsangst oft auch Schlafstörungen. Hier ist es unumgänglich, an der Trennungsangst und der Bindung zwischen Eltern und Kind zu arbeiten, damit sich eine psychische Erkrankung nicht chronifizieren kann.“

Diejenigen, die gerne die Schule schwänzen, bleiben oftmals aus Bequemlichkeit oder Abenteuerlust zu Hause, es kann sich aber auch um den Ausdruck einer Störung des Sozialverhaltens handeln. „Auch hier sollte eine Therapie in Anspruch genommen werden, damit das Schuljahr positiv abgeschlossen werden kann und man die Gründe für das Schulschwänzen eruieren und beseitigen kann“, sagt die Fachärztin.

Tipps für einen guten Start

Haben Sie vielleicht bei Ihrem Kind schon einmal bemerkt, dass es sich nicht auf die Schule freut, dem Unterricht wegbleiben möchte oder über oben genannte Symptome klagt? Versuchen Sie, Ihr Kind dabei zu unterstützen, sich auf die Schule zu freuen. Sie können sich folgende zehn Tipps von Dr. Bettina Matschnig zu Herzen nehmen:

  1. Freuen Sie sich gemeinem mit Ihrem Kind auf die Schule. Die Schule sollte auch zu Hause positiv besetzt sein. Das Kind soll sich darauf freuen, etwas Neues lernen zu dürfen und neue Freunde kennenzulernen.
  2. Fördern Sie die Selbstständigkeit Ihres Kindes. „Hilf mir, es selbst zu tun“, so lautet der Leitsatz der Pädagogin Maria Montessori. Wenn Ihr Kind auf richtiges Verhalten und selbstständige Tätigkeiten vorbereitet ist, wird es entspannter in die Schule gehen.   
  3. Bereiten Sie Ihr Kind auf den Schulweg vor. Wählen Sie den sichersten Weg zur Schule und üben Sie ihn mit ihrem Kind. Warnen Sie vor Gefahrenstellen!   
  4. Gewöhnen Sie Ihr Kind an einen festen Tagesablauf. Der Tagesablauf muss regelmäßig werden, damit sich das Kind an fixe Abläufe anpasst.  
  5. Gewöhnen Sie Ihr Kind an Auftragserfüllung, denn das Leben ist kein Wunschkonzert! Verlangen Sie von Ihrem Kind konsequent Aufträge auszuführen, zum Beispiel im Haushalt. Das Kind fühlt sich nützlich und es steigert den Selbstwert!   
  6. Machen Sie aus dem ersten Schultag ein Fest und schenken Sie dem Kind mehr Aufmerksamkeit als sonst, gönnen Sie ihm aber auch die nötige Ruhe.    
  7. Achten Sie auf gesunde Ernährung, viel Bewegung und Entspannung!    
  8. Schränken Sie den Fernseh- und Videospielkonsum ein.  
  9. Fördern Sie stattdessen die Lust am Lesen. Kinder, denen viel vorgelesen wird, freuen sich schon, wenn sie endlich selbst lesen können. Behalten Sie das Lesen auch bei, wenn das Kind schon selbst lesen kann. Denn wer viel liest, liest gut, erweitert seinen Wortschatz und wird später gute Aufsätze schreiben.
  10. Denken Sie nicht jetzt schon daran, wie die weitere schulische Laufbahn Ihres Kindes aussehen könnte. Ein Kind spürt zu hohe, auch unausgesprochene Erwartungen der Eltern und kann dadurch sehr belastet werden, dann kaum Freude haben und dadurch schlechtere Leistungen erbringen! Vergleichen Sie nicht mit anderen, Ihr Kind wird sich sicher nach seinen Möglichkeiten optimal entwickeln!

Hilfe holen

Wenn Sie selbst an Ihre Grenzen stoßen, die Ängste vor der Schule länger bestehen und mit herkömmlichen pädagogischen Methoden keine Besserung erzielt werden kann, sollten Hilfe holen. Auch als Lehrer können Sie an entsprechende Stellen verweisen wie zum Beispiel Schulsozialarbeit, Schulpsychologie, Kinder- und Jugendpsychiatrie etc. „Wichtig ist, dass die Probleme beseitigt werden“, bekräftigt Dr. Bettina Matschnig.

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