Das Gleichgewicht halten

Work-Life-Balance ist wahrscheinlich so ähnlich zu kategorisieren wie gesunde Ernährung: Jede/r hat schon davon gehört. Man weiß genau, dass es gesund ist und zielführend sich daran zu halten. Aber machen? Das tun die wenigsten. Warum ist es nur so verdammt schwer sich selbst etwas Gutes zu tun? Mehr auf die innere Stimme zu hören. Die Arbeitsstunden zugunsten privater Zeit zu reduzieren? Sprich Beruf und Freizeit in Einklang zu bringen?

Wie kann man es schaffen, tatsächlich zu einem Gleichgewicht zwischen Berufsalltag und Freizeit zu gelangen? Ratgeber zu diesem Thema gibt es in millionenfacher Ausführung. Und tatsächlich kann ein Buch etwas bewegen und lostreten. Es gibt aber auch noch die Möglichkeit an einem anderen Punkt anzusetzen, quasi über eine Hintertür. Hier lautet das Stichwort Achtsamkeit. Durch sie kann man zum Beispiel Stressreduktion erlernen. „Mindfulness-Based Stress Reduction“, kurz MBSR, wurde in den späten 1970er Jahren von Jon Kabat-Zinn, einem US-amerikanischen Molekurlarbiologen, entwickelt und ist ein Programm zur Stressbewältigung durch gezielte Lenkung der Aufmerksamkeit und durch Entwicklung, Einübung und Stabilisierung erweiterter Achtsamkeit. „Prinzipiell geht es um die innere Haltung. Das Inne-halten, bemerken, was los ist“, so Dr. Ulrike Auinger. Die Medizinerin ist zertifizierte MBSR-Trainerin. Wichtig sei, dass man nicht „bewerte“. „Wir betrachten mit Wohlwollen.“ Dadurch könne man sich mit einer gewissen Distanz nach den eigenen Körperempfindungen „erkundigen“. Man lernt nachzusehen, hinein zu spüren und wahrzunehmen. „Man sieht auf einmal besser, was sich abspielt. Es geht aber darum, loszulassen und auch unangenehme Dinge zu akzeptieren“, so Auinger. Oft seien wir zu geschäftig um zu bemerken, wie es uns überhaupt geht.

Nach dem „Bodyscan“, wie Auinger es nennt, folgt eine Sitzmeditation. Jetzt können Körper und Geist zur Ruhe kommen. Mit achtsamen Körperübungen, die aus dem Yoga kommen, schließt sich der Kreis. Bei regelmäßiger Übung lerne man, diese „Praxis“ immer mehr auch in den Alltag zu zu integrieren. „Ein simples aber sehr anschauliches Beispiel, das uns allen bekannt ist, ist etwa, was tue ich, wenn das Handy läutet und ich gerade mit einer anderen Sache beschäftigt bin?“ Auingers Tipp lautet: Erst einmal eine Sekunde durchatmen, im Hier und Jetzt ankommen, sich bewusst machen, was man gerade tut. Im Endeffekt gehe es immer darum, wie präsent wir in jedem Moment unseres Lebens sind. – Und das gilt für den Arbeitsplatz genauso wie für die eigenen vier Wände.  

Buch-Tipps

„Praxis-Guide Betriebliches Gesundheitsmanagement“ von Cornelia Schneider; Hogrefe, 2018

„Im Alltag Ruhe finden. Das umfassende praktische Meditationsprogramm“ von Jon-Kabat Zinn, Fischer Verlag, 2008 (3. Auflage)

„MBSR für jeden Tag. Die achtsamkeitsbasierte Stressbewältigung im Alltag“ von Elisha Goldstein & Bob Stahl, Arbor Verlag, 2016

„Work Life Balance“ von Lothar J. Seiwert et al., Redline-Wirtschafts-Verlag, 2004

„Zeit zu leben“ von Lothar J. Seiwert, Offenbach: Gabal, 2015

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