„Don’t smoke“: Volksbegehren zur Beibehaltung des Nichtraucherschutzgesetzes

Die Wiener Ärztekammer und die Österreichische Krebshilfe initiierten das Volksbegehren für die Beibehaltung eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie. Auch die Ärztekammer für OÖ und die Krebshilfe Oberösterreich unterstützen dieses Volksbegehren. Bei der Pressekonferenz wurden mehrere Aspekte genannt, warum es wichtig ist, die Unterstützungserklärungen zu unterschreiben.

„Don’t smoke“ – über das Volksbegehren

Die Wiener Ärztekammer unter Präsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres und die Österreichische Krebshilfe unter seinem Präsidenten Prof. Dr. Paul Sevelda starten das Volksbegehren für die Beibehaltung eines generellen Rauchverbots in der Gastronomie ab Mai 2018. Unterstützungserklärungen können seit 15. Februar 2018 bei den Gemeindeämtern und Magistraten abgegeben werden. Für die Initiierung des Volksbegehrens sind 8401 Unterschriften erforderlich, persönlich oder via Handysignatur oder Bürgerkarte. Unterschriften gelten gleichzeitig für das angestrebte offizielle Volksbegehren, für dessen parlamentarische Behandlung mindestens 100.000 Unterstützer notwendig sind. Nach nur fünf Tagen wurden bereits 200.000 Unterschriften abgegeben.

Dr. Peter Niedermoser, Präsident der Ärztekammer für OÖ stellt klar, dass auch Oberösterreich dieses Volksbegehren unterstützt: „Die Trennung von Raucher- und Nichtraucherbereichen senkt zwar die Beeinträchtigung von Nichtrauchern, beseitigt sie aber nicht. Das Personal selbst bleibt weiterhin hoch belastet, weshalb der Arbeitnehmerschutz unmöglich ist. Das ist also kein Affront gegen die Raucherinnen und Raucher, vielmehr wollen wir einen Schutz vor Rauchbelastung!“

„Don’t smoke“ wurde 2014 von der ÖGHO ins Leben gerufen, um Österreich auf den internationalen Standard beim Kampf gegen das Rauchen zu führen. „Neben Prof. Hellmut Samonigg, Kurt Kuch und vielen Protagonisten war die Krebshilfe von Beginn an Partner dieser Aktion. Als Reaktion darauf wurde im Jahr 2015 das generelle Rauchverbot auch für die Gastronomie als Gesetz erlassen, das jetzt gekippt werden soll. Im Jahr 2017 hat die Krebshilfe ,Don’t smoke‘ und somit auch die Themenführerschaft für ein rauchfreies Österreich übernommen“, sagt  Univ.-Doz. Dr. Ansgar Weltermann, Präsident der Krebshilfe OÖ.

Die Online-Petition haben bis jetzt 470.000 Österreicher unterschrieben. Diese Petition wurde – unabhängig vom Volksbegehren – beim Petitionsausschuss des Parlaments eingereicht.  

Don’t cry – traurige  Zahlen

70 Prozent der Österreicher befürworten laut jüngster repräsentativer Umfrage rauchfreie Gaststätten. Mehr als 70 Prozent der Erwachsenen sind Nichtraucher, zusammen mit Kindern repräsentieren sie mehr als 80 Prozent der Bevölkerung. Wenn Politik Wahrnehmung von Interessen ist, dann sollte man das Nichtrauchinteresse der Mehrheit der Österreicher politisch verwirklichen.

Laut den aktuellsten OECD-Daten rauchen 24,3 Prozent der österreichischen Bevölkerung täglich. Bei den Männern sind das 26,5 Prozent, bei Frauen 22,1 Prozent. Damit sind vor allem Frauen in Österreich europaweit die traurige Nummer 1. Zwischen dem 12. und dem 18. bis 20. Lebensjahr nimmt in fünf Studien der OÖ Krebshilfe die Rate jugendlicher Raucher von 0 Prozent auf rund 50 Prozent zu. 14,5 Prozent der 15-Jährigen rauchen regelmäßig. Die tatsächliche Tabakproblematik wird eklatant unterschätzt, wenn man vergleicht, dass der OECD-Durchschnitt 11,7 Prozent beträgt.  

Don’t deny – medizinische und soziale Aspekte

Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht, Fachgruppenobmann Lungenkrankheiten der Ärztekammer für OÖ, nennt einige medizinische Aspekte für den Nichtraucherschutz: „Ohne das geplante Rauchverbot verzichten wir auf so genannte ,quick wins‘, also schnelle Erfolge wie den Rückgang von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Atemerkrankungen. Das Rauchverbot würde auch langfristigere Erfolge wie die Beeinflussung von Langzeiterkrankungen bringen. Wer weniger raucht, verringert das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, das Frühgeburtsrisiko sinkt, um nur einige Punkte zu nennen. Auch das Passivrauchen kann unter anderem zu Lungenkrebs, COPD oder Erkrankungen der Atemwege führen. Täglich sterben drei Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Rauchfolgen sind wahrscheinlich wirksamer und günstiger zu vermindern durch eine Einschränkung von Passivrauchbelastung, das heißt durch eine entsprechende Gesundheitspolitik als zum Beispiel durch eine Raucherentwöhnung bei Tabakgeschädigten.“ 

Prim. em. Dr. Herwig Schinko, Vorstandsmitglied der Krebshilfe OÖ, hinterfragt die sozialen Aspekte des Rauchens: „Rauchen ist ein gesundheitsschädliches Massenverhalten. Tabakkrankheiten und ihre Vermeidung sind die größte Gesundheitsherausforderung unserer Zeit. Rauchen ist beziehungsweise beginnt als Sozialverhalten, das bei positiven individuellen Nikotineffekten zur Wiederholung beziehungsweise Abhängigkeit und Sucht sowie in Folge durch kumulative Schädlichkeit zu individuellen Tabakkrankheiten führt. Gaststätten wie Bars usw. sind die Drehscheiben ungesunden Sozialverhaltens.“

Rauchen von Tabak ist eine inkomplette Verbrennung im Innenraum, die zu einer Belästigung und Belastung führt. „Die Verbrennungsprodukte wie Gase (CO), flüchtige organische Substanzen und Feinstaub sowie deren chemische Komposition bestimmen nicht nur das Raumklima wie CO2 und lungengängigen Schwebstaub, sondern auch deren Schädlichkeit“, sagt der Mediziner.

Wer noch nie geraucht hat, kann sich über einen Lebensgewinn von durchschnittlich zehn Jahren oder fünf bis fünfzehn Minuten pro nicht-gerauchter Zigarette freuen. „Zwischen Zahl gerauchter bzw. mitgerauchter Zigaretten und Rauchkrankheiten besteht eine kumulative Dosis-Wirkungsbeziehung. Es gibt keine untere Schwelle der Unschädlichkeit, nur mehr oder weniger empfindliche oder robuste Menschen“, sagt Prim. em. Dr. Schinko.  

Don’t stay optional – Rauchverzicht in der Gastronomie

Die Gastronomie ist das Gewerbe mit der höchsten Rauchbelastung. Univ.-Doz. Dr. Ansgar Weltermann sagt: „Die Schadstoffkonzentrationen in Gasträumen, also die Innenraumbelastung, übersteigen jene der Außenraumbelastung der davor liegenden befahrenen Straßen um ein Vielfaches. Rauchfreiheit in Gaststätten ist weltweit die billigste, effektivste, breitenwirksamste Gesundheitsmaßnahme der vergangenen zwei Jahrzehnte, da sie nicht nur die Anzahl der Raucher auf etwa die Hälfte als auch akute Krankheitsgeschehen wie Herz-Kreislauferkrankungen signifikant reduziert hat. Freiwilligkeit und ineffektive Kontrollen haben andererseits nirgends zum Ziel geführt.“    

Die Einführung eines generellen Rauchverzichts in der Gastronomie bedeute in der Regel weder eine Einnahmenminderung für das Gewerbe noch steuerlich für den Staat. Die freiwillige, couragierte Aufgabe von Rauchen in Gaststätten wird äußerst begrüßt, nicht nur wegen des Nichtraucher- und Personalschutzes, sondern auch wegen der Signalwirkung eines geänderten Gesundheitsbewusstseins und übrigens niedriger Instandhaltungskosten von Gasträumen.  

Don’t be shy – Unterstützung für das Volksbegehren

„Die österreichische Gesundheitspolitik hat mit dem Gesetz, Gaststätten ab Mai 2018 rauchfrei zu bekommen, eine kluge und nachhaltige Gesundheitsentscheidung getroffen. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, Entscheidungen, die in die falsche Richtung gehen, im Rahmen unseres Volksbegehrens zu verändern, gerade wo uns jetzt im neuen Regierungsprogramm die Möglichkeiten gegeben wurden, dies im Rahmen von Volksentscheiden zu tun“, sagt Dr. Peter Niedermoser.

Man kann das Volksbegehren zunächst unterstützen, indem man eine Unterstützungserklärung abgibt. Dies kann via Handy-Signatur oder persönlich bei jeder (beliebigen) Gemeindebehörde (Gemeindeamt, Magistrat, Magistratische Bezirksämter) erfolgen. Die Unterstützungserklärung zählt dann übrigens auch gleich als Stimme für das darauffolgende eigentliche Volksbegehren. Die Unterstützung wird dann automatisch von der Behörde elektronisch erfasst – man muss keine weiteren Schritte setzen. Zum Unterschreiben benötigt man einen amtlichen Lichtbildausweis (z.B. Reisepass, Personalausweis oder Führerschein).

Die Petition „Don’t smoke“ der Österreichischen Krebshilfe ist eine unabhängige Online-Petition. Um am derzeitigen Volksbegehren teilzunehmen, muss man erneut seine Unterschrift via Handysignatur oder persönlich bei einer Gemeindebehörde leisten.

„Volksbegehren ist nicht parteipolitisch“

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch bezeichnet das Volksbegehren am 19. Februar 2018 als „parteipolitisch motiviert“. Diesen Aussagen widerspricht Dr. Peter Niedermoser in einer Presseaussendung am selben Tag klar: „Nicht nur die Vertreterinnen und Vertreter der Krebshilfe, auch viele Ärztinnen und Ärzte sind täglich mit dem Leid von Krebspatientinnen und -patienten konfrontiert. Wir wollen einen Schutz vor Rauchbelastung, da man auch in anderen Ländern schon gesehen hat, dass Rauchfreiheit in Gaststätten die billigste, effektivste und breitenwirksamste Gesundheitsmaßnahme ist. Dieses Volksbegehren ist nicht parteipolitisch! Wir können nicht beeinflussen, welche Organisationen oder Parteien das Volksbegehren ebenfalls befürworten – wir freuen uns aber über jeden Unterstützer!“

Außerdem unterstellt Belakowitsch, das Volksbegehren sei „unseriös“, weil der konkrete Gesetzestext nicht vorliege. Mag. Peter Flink, Geschäftsführer der Krebshilfe OÖ sagt: „Das Volksbegehren ist ein einseitiges Instrument der Bürger, das ab einer gewissen Anzahl von Unterstützungserklärungen vom Parlament behandelt werden muss. Ein konkreter Gesetzestext ist dabei nicht verpflichtend.“

Die Argumentation von Belakowitsch, dass der Jugendschutz „massiv ausgebaut“ werden solle und sich die Ärztekammer dazu nicht geäußert habe, kann Dr. Niedermoser ebenfalls nicht bestätigen: „In unserer Presseaussendung vom 12. Dezember 2017 begrüßten wir das Rauchverbot für Jugendliche unter 18 Jahren bereits. Ich bezweifle nur, dass man diesen Jugendschutz kontrollieren kann. Auch das Verbot des Rauchens im Auto in Anwesenheit von Kindern ist positiv, aber schwer kontrollierbar. Auf Basis dieses Raucherschutzes werden hoffentlich viele Wirte den Rauch freiwillig aus ihren Gaststätten verbannen, sonst verliert die Gastronomie eine Menge junger Interessenten.“ 

Auf unserer Webseite www.aekooe.at und auf unserer Facebookseite informieren wir Sie natürlich weiterhin über den Verlauf des Volksbegehrens und die weiteren Schritte.

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