Übergewicht, Bewegungsmangel, Bluthochdruck, schlechte Blutfett- und Blutzuckerwerte: Diese Risikofaktoren sind hauptverantwortlich für Zivilisationskrankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Fettleber oder Diabetes bzw. für gesundheitliche Folgen wie schwere Organschäden, Durchblutungsstörungen etc. Verhindern oder zumindest hinausschieben lassen sich diese Erkrankungen nur durch eine nachhaltige Änderung des Lebensstils und bei Bedarf durch gut eingestellte Medikamente. Regelmäßige ärztliche Beratung, Kontrollen und die Dokumentation von relevanten Körperwerten (z.B. Blutwerte) sind dabei sinnvoll und notwendig. In Disease-Management-Programmen werden Patienten dabei systematisch medizinisch betreut, Hauptansprechpartner für sie ist meist der Hausarzt / die Hausärztin. Ein Beispiel ist „Therapie Aktiv“, ein Langzeitprogramm für Diabetiker, bei dem die OÖ Gebietskrankenkasse und die Ärztekammer für OÖ zusammenarbeiten.
„Leute dort abholen, wo sie stehen“
Dr. Wolfgang Ziegler, stv. Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte und Hausärztevertreter bei der Ärztekammer für OÖ, steht Angeboten wie „Therapie Aktiv“ grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, sieht aber Verbesserungspotenzial: „Meine langjährige Erfahrung als Hausarzt und jene von vielen meiner Kolleginnen und Kollegen ist: In Langzeitprogrammen betreut man oft jene, die ohnehin über eine hohe Krankheitseinsicht verfügen und motiviert sind, ihren Lebensstil so zu ändern, dass sie etwa ihren Diabetes in Schach halten können. Dann gibt es leider viele andere Erkrankte, die man damit schlecht erreicht: Sie haben ein niedriges Gesundheitsbewusstsein und können mit einem langfristigen Vorteil – z.B. in zehn Jahren noch KEINEN Herzinfarkt zu bekommen – nicht so viel anfangen. Man muss aber die Leute dort abholen, wo sie stehen“, so Dr. Ziegler und macht daher den Vorschlag eines kleinen Benefits: „Man könnte Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Programmen wie ‚Therapie Aktiv‘ und ähnlichen Angeboten dafür belohnen, dass sie mit dem Arzt vereinbarte, individuelle Gesundheitsziele erreichen. So ein Ziel kann etwa eine Gewichtsabnahme sein oder ein verbesserter Wert für den Bluthochdruck.“ Für Belohnungen gäbe es vielfältige Möglichkeiten, so Dr. Ziegler: „Vielleicht Gutscheine für gesunde Nahrungsmittel oder einen Wellness-Tag. So ein Benefit muss nicht über Gebühr teuer sein. Im Vergleich zu den Kosten für die Langzeitfolgen von Diabetes – Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierentransplantation und nicht selten Arbeitsunfähigkeit und Pflegebedarf – sind das Kleinbeträge.“
Kosten für Belohnungssystem fair aufteilen
Natürlich könne ein Belohnungssystem nur Teil einer Gesamtstrategie sein, betont Dr. Ziegler: „Auch eine gute Patientenkommunikation und eine faire Abgeltung des hohen Zeitaufwands für Ärzte, die bei so einem Programm mitmachen, sind unerlässlich.“
Darüber, wer für ein Belohnungssystem aufkommen soll, müsse man diskutieren, so Dr. Ziegler: „Es würden ja nicht nur die Krankenkassen langfristig profitieren, sondern auch Spitäler, Arbeitslosenversicherung oder Pensionskassen. Insofern wäre es fair, die Kosten für Patienten-Benefits aufzuteilen.“