Das Problem ist: Viele Menschen sind im Alltag oft nicht bei der Sache. Da werden mehrere Dinge nebeneinander erledigt. "Frühstücken, Zeitunglesen und Radiohören gleichzeitig", nennt Stock ein Beispiel für ein solches Multitasking. Oder: Bügeln bei eingeschaltetem TV-Gerät, und gleichzeitig telefonieren. Ist solches Verhalten wirklich so schlecht? Ja, sagt Stock. "Das zehrt an den Kräften und macht rast- und ruhelos." Besser fürs Wohlbefinden sei es, sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren. Zum Beispiel beim Frühstück: Bewusst den Kaffee, das Gebäck oder etwa die Butter riechen und schmecken und sich daran erfreuen. Oder sich nach dem Essen voll auf die Zeitungslektüre konzentrieren, ohne dass man etwa durch Musik aus dem Radio gedanklich abgelenkt ist.
Ständige Grübeleien fressen Energie
Auch die Gedankenwelt sollte für das eigene Wohlbefinden geordnet werden. "Es bringt überhaupt nichts, ständig darüber zu grübeln, was möglicherweise in der Vergangenheit alles falsch lief und was man hätte besser machen können oder müssen", sagt der Psychologe und Stresscoach Jacob Drachenberg. An dem, was gewesen ist, könne man ohnehin nichts mehr ändern. Ständiges Nachdenken darüber, was in der nächsten Zeit passieren könnte, verschwende ebenfalls unnötig Energie, so Drachenberg. Zum Beispiel die Grübelei darüber, ob man wohl in der Lage sein wird, das Gespräch mit dem Vorgesetzten in der kommenden Woche gut zu meistern. "Stattdessen tut es gut, die Aufmerksamkeit auf die Gegenwart zu lenken und sie mit allen Sinnen wahrzunehmen."
Konkrete Tipps für mehr Achtsamkeit
Es gibt eine Menge Achtsamkeitsübungen für den Alltag. "Eine Variante ist zum Beispiel, eine Viertelstunde nach dem Aufwachen am Morgen zu meditieren", so Stock. Also: Vom Außen ganz abgewandt sein und sich voll und ganz auf sich selbst konzentrieren. Noch einfacher ist folgender Ansatz: Nicht gleich aus dem Bett springen, wenn der Wecker klingelt. Sondern sich Zeit nehmen und erst einmal bewusst ein- und ausatmen. Danach die Umgebung wahrnehmen: Ist es schon hell draußen oder noch dunkel? Zwitschern die Vögel, bellt ein Hund? Bewusst Dankbarkeit dafür empfinden, dass man gemütlich liegt, ein Dach über den Kopf und seine Lieben um sich hat. Auch in vielen anderen Momenten des Alltags tut eine Achtsamkeitsübung gut. "Statt sich zu ärgern, dass man an der Supermarkt-Kasse in der Warteschlange steht, ist es ein Gewinn, einfach mal innezuhalten und seine Sinne zu schärfen", empfiehlt Drachenberg. In welchen Farbtönen sind die Leute vor mir in der Schlange gekleidet, wonach riecht es eigentlich im Supermarkt?
Die guten Momente schätzen
Ein weiterer Tipp von Drachenberg: Jeden Abend eine Art Dankbarkeits-Tagebuch führen und aufschreiben, was den Tag über alles gut gelaufen ist. "Das ist oft mehr als man denkt", so der Experte. Raus aus dem Kopf, rein in den Körper: Das gelingt nicht zuletzt beim Sporttreiben. Drachenberg: "Man nimmt wahr, was die körperliche Anstrengung mit einem macht, wie das Herz schlägt." Wie toll sich das anfühlt.
Foto: APA/dpa/Christin Klose