Hausmittel auf Europäisch

Ein bisschen Klostermedizin und ganz viel Hausmittel: Traditionelle Medizin kommt nicht nur aus Fernost. Es gibt auch eine Traditionelle Europäische Medizin (TEM). Diese 2500 Jahre alte naturverbundene Heilkunde sieht den Menschen als Ganzes.

In Europa gibt es schon seit Jahrtausenden natürliche Wege, um Körper und Seele in Balance zu halten und so gängigen Zivilisationskrankheiten vorzubeugen. Schon in der Antike suchten Kranke spezielle heilende Orte auf, an denen man sie durch Fasten und Kräutermedizin zu neuem Leben erweckte. Auch Hippokrates von Kos, der von 460 bis 370 vor Christus lebte, wusste: „Krankheiten überfallen Menschen nicht wie ein Blitz aus heiterem Himmel, sie sind die Folgen fortgesetzter Fehler wider die Natur.“ Einer der berühmtesten Vertreter der europäischen Heilkunde war Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897). Er war davon überzeugt, dass gegen jede Krankheit ein Kraut gewachsen ist.

Die TEM ist natürlich kein Ersatz für die Schulmedizin, sondern kann als Ergänzung gesehen werden. Viele der in der TEM enthaltenen Ansätze und Methoden gibt es schon seit längerem, aber die Zusammenfassung unter einem Begriff ist relativ neu. Er ist an die Traditionelle Chinesische Medizin angelehnt, die in Europa bekannter ist. Im Zentrum steht die Aussage, dass der Mensch als Ganzes verstanden wird und die Tatsache, dass er Teil der Natur ist. Als Ausgangspunkt dient die so genannte Säftelehre. Die vier Säfte des Körpers – Phlegma, Sanguis, Chole und Melanchole – sind aber nicht als Flüssigkeiten, sondern als Kräfte zu verstehen, ähnlich den Temperamenten in der Psychologie.

Gesundheit und Wohlbefinden hängen davon ab, dass sich diese vier Grundfunktionen des Lebens miteinander im Gleichgewicht befinden. Die ganzheitliche Betrachtung beginnt bereits bei der Diagnose. Es wird viel geredet, gefragt, angeschaut, betastet, abgehört. Auch eine Irisbefundung und eine Zungen-, Puls- und Segmentbefundung gehören dazu. Zur Wiederherstellung der inneren Ausgewogenheit, werden Bewegung, Spiritualität, Salben, Tinkturen und Tees aus Heilpflanzen, Wickelanwendungen, Kneippen, Reflexpunktbehandlungen und typgerechte Ernährung empfohlen. In der Küche wird auf das traditionelle Wissen um die Wirkung von Kräutern und Gewürzen zurückgegriffen: Tee aus Hopfen, Melissenblättern und Lavendelblüten um besser einzuschlafen, Brennnessel- und Löwenzahntee zum Entschlacken. Bohnenkraut oder Pfeffer wirken verdauungsfördernd, während Muskatnuss das Gemüt anregt und die Konzentration erhöht.

Praktiziert wird die Traditionelle Europäische Medizin etwa in Kuranstalten, in denen spezielle Programme angeboten werden. Als ganzheitliches Konzept bildet die TEM für viele eine optimale Ergänzung zur konventionellen, modernen Medizin. Ähnlich wie in der Homöopathie kann bei chronischen Erkrankungen, unter ärztlicher Aufsicht, die Dosierung der Dauermedikation durch unterstützende Anwendung von TEM-Heilmitteln reduziert werden. In der Genesungsphase nach Krankheiten können Methoden der TEM die Selbstheilungskräfte und das Immunsystem stärken. Ebenso werden die pflanzlichen Heilmittel gerne prophylaktisch gegen Erkältungen und ähnliches verwendet.

Kostenloses Abo der human, dem Gesundheitsmagazin für Oberösterreich bestellen: Email mit Name und Adresse an human@aekooe.at