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Psychische Erkrankungen: Steigerungsrate durch Corona noch zusätzlich beschleunigt

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Prim. Dr. Kurosch Yazdi

Studien weisen darauf hin, dass psychische Symptome wie Schlafstörungen, Depression oder Ängste in der Corona-Pandemie deutlich angestiegen sind. Eine Entspannung dieser Situation ist nicht in Sicht. Depressionen, Psychosen, Phobien - die Liste an psychischen Erkrankungen ist lang und Millionen Menschen sind betroffen. Viele nehmen keine Hilfe in Anspruch da sie noch immer Stigmata fürchten müssen, genau das verschärft die Situation aber zusätzlich.

Die Angst vor einer Stigmatisierung kann Menschen davon abhalten, sich bei psychischen Problemen Hilfe zu suchen - doch dadurch wird ihr Zustand oft noch schlimmer. Viele fürchten sich vor Ausgrenzung, wen bei ihnen eine psychische Krankheit diagnostiziert wird oder sie sich in Therapie begeben müssen. Das Stigma von psychischen Krankheiten ist in Österreich leider noch immer sehr präsent. Menschen scheuen sich davor, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen aus Angst negativ abgestempelt zu werden. Trotzdem ist es wichtig, sich jemanden anzuvertrauen – denn je früher Betroffene professionell unterstützt werden, desto besser kann geholfen werden.

Dadurch, dass die Betroffenen aus Scham frühzeitige Behandlungen scheuen, verschlechtert sich ihr Gesundheitszustand oft und sorgt am Ende dafür, dass die Chancen auf eine gleichberechtigte Teilhabe im Alltag sinken. Die Probleme liegen aber auch darin, dass in vielen Gesellschafsteilen die Behandelbarkeit oder Heilbarkeit psychischer Krankheiten gering geschätzt wird, zum Beispiel auf dem Arbeitsmarkt.

Es braucht einen offeneren Umgang mit diesem Thema: Menschen sollten sich informieren, Warnsignale ernstnehmen und sich rechtzeitig professionell helfen lassen. Mit nachstehenden Tipps der pro mente können Betroffene bereits erste Schritte in Richtung psychische Gesundheit machen:

10 Tipps für die psychische Gesundheit

  • Sich selbst annehmen

Sich selbst anzunehmen heißt, zu den eigenen Fähigkeiten und Grenzen zu stehen, sie benennen zu können und zu wissen, was einen zufrieden macht. Es heißt, den Körper und seine Signale wahrzunehmen und zu Entscheidungen zu kommen, die einem gut tun. Im Wissen um eigene Ressourcen gelingt es so, auch Fehler und Schwächen als einen Teil von sich zu verstehen und zu akzeptieren.

  • Das Gespräch suchen

Voraussetzung für ein gelingendes Gespräch und einen echten Austausch ist, dass man sich die Zeit zum Mitteilen und Zuhören nimmt. Es ist menschlich, dass man sowohl Freuden als auch Sorgen mitteilen will. Das setzt aber voraus, dass jemand da ist, der einem zuhört. So wird die Sorge geteilt und die Freude verdoppelt.

  • Auf Bewegung setzen

Früher waren die Menschen als Jäger / Sammler stundenlang und täglich in Bewegung. Erst seit rund 100 Jahren verbringen viele Menschen täglich acht Stunden und mehr im Sitzen. Körperliche Bewegung und Aktivität sind ein notwendiger Gegenpol zur Überreizung durch Überinformation, Arbeitsstress und gesteigertes Lebenstempo. Um den Bewegungsmangel auszugleichen sollte man sich täglich etwa 30 Minuten bewegen, sodass Puls und Atmung beschleunigt wird.

  • Etwas neues lernen

Neues zu lernen ist eine Entdeckungsreise, die einem aus dem Alltag herausführt und neue Horizonte eröffnet. Auf biologischer Ebene entwickelt sich das Gehirn weiter durch das Sprießen von Synapsen. Zudem hebt es auch das eigene Selbstwertgefühl.

  • Mit vertrauten Menschen in Kontakt bleiben

Mit Freunden ist man vertraut, Intimes wird vertraulich behandelt. Von Freunden will man keinen Druck und man ist gleichzeitig da, wenn sie einen brauchen. Dabei sollte man sich auch die Frage stellen: Lässt mir meine Lebensgestaltung Zeit für echte Freundschaften? Gerade in herausfordernden soll man bewusst und aktiv auf regelmäßige Kontakte zu nahen Bezugspersonen achten.

  • Kreativität

Viele Menschen sind von Sehnsüchten, Wünschen, Gedanken, Ängsten und Bedürfnissen geprägt, die sie nicht durch Worte ausdrücken können. Durch kreatives Gestalten werden diese deutlich. Kreativität schafft einen Ausgleich für die vielen Spannungen, die uns einengen. Das Gestalten von Lebensraum im Freien oder gemeinsames Musizieren wird von vielen Menschen als besonders entspannend und als persönliche Kraftquelle erlebt.

  • Gemeinschaftlich aktiv sein

Gemeinschaft fordert aber von jedem Mut zur Begegnung. Sich zu beteiligen bedeutet, die Möglichkeit zu nutzen, dort Wünsche, Interessen, Ängste und Hoffnungen einzubringen, wo es um Dinge geht, die für einen von Bedeutung sind.

  • In Krisen nicht aufgeben

Schock, Trauer und Traumata brauchen Zeit, um emotional verarbeitet zu werden. Es ist wichtig, sich diese Zeit zu nehmen, wenn wir sie brauchen und sie auch anderen in Krisensituationen zu gewähren. Wenn scheinbar nichts mehr geht, ist es gut, sich auf den vitalen Rhythmus (Ernährung, Atmung, Schlaf, Bewegung) zu konzentrieren.

  • Sich entspannen

Bewusste Bewegung, bewusstes Ein- und Ausatmen sind Möglichkeiten, um tagsüber kurze Entspannungsphasen einzubauen. 

  • Hilfe annehmen

Es gibt Menschen, die einem helfen wollen, wenn man sich ihnen nur anvertraut. Gerade im Arbeitsumfeld in besonders belastenden Situationen ist es wichtig, bei den eigenen Fähigkeiten zu bleiben, Aufgaben zu delegieren und um Hilfe zu bitten. Beides erfordert Ver- und Zutrauen auch in andere.

Prim. Dr. Kurosch Yazdi ist Vorstand der Klinik für Psychiatrie mit Schwerpunkt Suchtmedizin und Leiter des Klinikzentrums Psychiatrie am Kepler Universitätsklinikum.

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