Das Weblog von Ärztinnen und Ärzten aus Oberösterreich

Letztes gemeinsames Weihnachten

Dr. Wolfgang Wiesmayr

Wenn ein Familienmitglied schwer krank ist und voraussichtlich nicht mehr lange zu leben hat, erscheint das möglicherweise letzte gemeinsame Weihnachtsfest in einem anderen Licht. Meine Erfahrung als begleitender Arzt ist meistens: Ist das unvermeidliche Sterben offen ausgesprochen, ist eine unrealistische Hoffnung auf Heilung aufgegeben, sind wichtige organisatorische Angelegenheiten geregelt, fällt oft eine Last von allen Beteiligten. Sie sind dann offen dafür, bewusst die Feiertage gemeinsam zu erleben, auf Schönes zurückzublicken. Das Weihnachtsfest und der Jahreswechsel können sehr intensiv und emotional berührend werden. Lachen und Tränen gehören gleichermaßen dazu. In anderen Familien ist es hingegen (noch) nicht möglich, das Wort „Tod“ auszusprechen. Man setzt alle Hoffnungen in eine weitere Behandlung oder ein neues Medikament und nimmt manchmal auch schwere Nebenwirkungen in Kauf. Das ist nur allzu verständlich, führt aber zu großer Anspannung, die es schwerer macht, noch einmal bewusst ein Familienfest miteinander zu feiern. Das muss aber nicht so sein: Während der Feiertage kommen die Angehörigen zusammen. Die Bereitschaft, einander zuzuhören, ist oft mehr als sonst ausgeprägt. Die Betroffenen können Weihnachten dazu nutzen, sich gemeinsam an Schönes zu erinnern, die Zeit füreinander bewusst zu genießen und auch offen darüber zu reden, dass diese Zeit begrenzt ist.

Dr. Wolfgang Wiesmayr ist Hausarzt und Palliativmediziner in Vöcklabruck. 

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